Feature: Free-to-Play – Free-to-Pay

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Die free to play Branche steht vor einem Dilemma: Nur ein geringer Bruchteil der Online-Gamer investiert tatsächlich Geld ins Spiel. Eine Umfrage des Superdata Research Institute mit dem Namen „THE P(L)AYERS” soll der Frage nachgehen, warum das so ist. Das haben wir uns genauer angesehen.

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Tobi ist ein Fan kostenloser Online MMOs. Er verbringt täglich fast eine Stunde damit, auf seinem Smartphone Dämonen zu jagen. Meist vertreibt er sich auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn die Zeit mit einem neuen Quest – das Ergebnis wird stolz auf Facebook geteilt. Eine ganze Reihe seiner Facebook-Freunde ist manchmal mit von der Partie. Auch, wenn er zuhause am PC in seiner Gilde kämpft. Zurzeit ist es vor allem der seit Anfang 2013 kostenlos spielbare Titel TERA Rising, der ihn beschäftigt. Zwar ist er von dessen Rollenspiel-Qualitäten nicht ganz überzeugt, doch die coolen Battles im Tera Gameplay und, dass man für Upgrades oder Level-Ups und Waffen nicht unbedingt bezahlen muss, verleitet dann doch zum Bleiben und sorgt dafür, dass Tobi sich – wie viele seiner Freunde – fast täglich in einer der epischen Schlachten neu beweist.

Wer seine Action-RPG Fights mit XP Boosts und Lockbox Keys dennoch aufpeppen will, findet diese im TERA Shop. Ein typisches Phänomen heutiger F2P MMORPGs, zu denen Spieler immer und immer wiederkehren – auch ohne harte Euros zu investieren. Dass im Free to Play erst mit zeitlicher Verzögerung und nach einer längeren Durstrecke Geld an die Entwickler fließt, ist ein grundlegendes Dilemma für viele Studios, die – soviel Spaß es auch machen mag – letztlich doch auch von ihrer Arbeit leben müssen.

Mit einer Umfrage hat Hi-Media versucht, das Thema Free to Play deshalb genauer zu beleuchten. Es zeigte sich, dass mehr als ein Drittel aller Spieler erst nach einigen Wochen bis Monaten Geld für Free to Play Ingame-Erweiterungen ausgeben. Diese bis dahin bei Laune zu halten, scheint damit die wichtigste Aufgabe eines erfolgreichen Spieletitels und den finanziellen Erfolg zu sein.

„Monetarisierung“ – „zu Geld machen“ ist das zentrale Thema im Free to Play. Und so möchte die vom Superdata Research Institut im Mai 2013 durchgeführte Studie „THE P(L)AYERS” den Hintergründen im Konsumverhalten deutscher, französischer, spanischer und englischer Onlinegamer auf den Grund gehen. 1.750 Nutzer von Free to Play Titeln, die kürzlich Online Geld für ihr Game ausgegeben hatten, hat das Institut befragt und wollte vor allem wissen, was sie zum Kauf motiviert hat – und welche Zahlungsmittel sie dazu nutzen. Wie sich herausstellte, sind bei diesen besonders die Social Games beliebt:

Am Anfang der Studie steht ein ernüchternde Tatsache: Nur 2-10% aller Onlinespieler geben, je nach Land, überhaupt Geld in Free-to-Play Titeln aus, wie Eric Giordano, Director of Payment Activities bei HiPay konstatiert. Die Nutzer zum Bezahlen zu bewegen – das scheint also fast selbst eine Art Glücksspiel.

Schnell merkt man da, dass das Geldverdienen in der Spielebranche ein hartes Geschäft ist. Eine breit gestreute Spielerschaft von 19 bis 45-Jährigern im Bereich Casual, MMO und Social Game will hier bedient werden. Im europäischen Durchschnitt sind zudem fast die Hälfte der Gamer (46%) Frauen. Verschiedenste Ansprüche und Zielgruppen also, die nicht immer unbedingt unter einen Hut passen und die Frage aufwerfen: Wer ist „der Gamer“ – und gibt es den überhaupt? In Free to Play Titeln geizen jedenfalls auch die Spieler, die tatsächlich etwas ausgeben:

Schon wenn es um die Art des Bezahlens geht, gehen die Vorlieben weit auseinander. Während laut Studie ca. ein Drittel (33%) der Käufer trotz Gebühren Kreditkarten bevorzugt, nutzen wenige andere die innovativeren Bezahlmethoden wie E-Wallet und SMS-Payments. Erstaunlich wenige Gamer greifen auf Prepaid-Game-Cards zurück oder zahlen konventionell per Banküberweisung und ein unbedeutender Anteil vertraut dem Bezahlen über die Handy- oder Telefon-Abrechnung. Ganz selten greift noch jemand ins reale Portemonnaie und zahlt Cash. Ein „einheitliches Micropayment Bezahlsystem“ gibt es im Gaming also scheinbar nicht.

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Bedenkt man, dass es sich beim Micropayment um das Online-Entertainment-Bezahlmodell der Wahl handelt, ebenfalls eine ernüchternde Erkenntnis.

Im Micropayment geht es um Kleinstbeträge, die für digitale Güter fließen. Den ersten Boom erlebte das Thema dank Apples iPod. Vor allem in der Musik-Unterhaltung, doch zunehmend auch in der Computer- und Videospiel-Branche spielt es beim Zukauf von Items, Levels, zusätzliche Episoden und Vorteilen eine immer größere Rolle. Sieht man sich da eine andere Markt-Umfrage von HI-Media Payments zu diesem speziellen Thema an, wird schnell deutlich, dass der Begriff „Micropayments“ den meisten darin Befragten (90%) gänzlich unbekannt ist. Nur ein Fünftel der zahlenden Onlinegamer in Deutschland nutzen solche Dienste, während im Bereich der Musikdownloads fast die Hälfte aller Käufer (46%) mit dieser Bezahlmethode bekannt sind. Das mag sicher auch daran liegen, dass die angebotenen Bezahlsysteme in der Musikbranche durch sehr etablierte Anbieter wie Apple, Google oder Amazon nicht nur standardisiert sind, sondern auch die entsprechende Glaubwürdigkeit mitbringen.

Besonders in Itemshops diverser MMORPGs kommt Micropayment zum Zug und sorgt bei den sogenannten Free to Play Modellen erst für die eigentliche Bezahlung des Dienstes. Das Konzept ist dabei immer dasselbe: Die Basics gibt es kostenlos – exklusiven Content muss man mit Mini-Beträgen bezahlen und je nach Enthusiasmus einzelner Nutzer kann da schnell eine stolze Summe zusammenkommen. Vor allem, wenn alles so schnell und einfach funktioniert.

Das nennt man im Allgemeinen den „IKEA-Effekt“. Fast jede Hausfrau kennt ihn: Nur schnell ein paar Teelichter sollten es sein, und dann endet der Einkauf an der Kasse mit einer Rechnung über 200 Euro. Besser, man betritt den Laden erst gar nicht.

Und so verwundert es eigentlich wenig, dass die meisten Befragten (31,5%) bei „THE P(L)AYERS” noch vor dem Zweifel an der Sicherheit der Zahlsysteme als Hinderungsgrund Nr. 1 die Angst vor „Overspending“, also viel zu hohen oder unkontrollierten Ausgaben angaben.

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Agieren Spieler, die teils mehrmals am Tag zumeist in Social und Casual Games, und in den Genres MMO und Sports unterwegs sind also deshalb so „geizig“? Rund 9,50 Euro hatten befragte deutsche Spieler innerhalb eines Zeitraums von 2 Monaten für ihre Spielaktivitäten ausgegeben – stolze 73 Prozent von ihnen immerhin schon innerhalb des ersten Monats. Dabei steht eine Motivation ganz klar im Vordergrund: Deutsche Gamer wollen sparen. Für sie ist selbst bei kleinsten Beträgen vorrangig ein „Sale“ also eine Preisrabatt ein ausschlaggebender Grund zu investieren. Auf Platz zwei folgt dann „Additional Content“ – zumindest, beim Casual Gaming. Im Bereich der MMOs steht, wie im restlichen Europa, auch in Deutschland die Konkurrenzfähigkeit als ausschlaggebendes Thema im Vordergrund.

Dass deutsche Spieler die Geiz-ist-Geil-Mentalität lieben – oder elegant ausgedrückt „preis-sensitiver“ entscheiden, als Käufer aus dem Ausland – ist sicher keine neue Erkenntnis.

Jeder Fachhändler, der ins europäische Ausland verkauft macht die Erfahrung, dass Kunden aus Frankreich oder Italien deutlich seltener feilschen. Sie kaufen – oder eben nicht. In Deutschland sind Promotionsangebote und Preisreduktionen dagegen schon immer das A&O im Verkauf und dies trifft natürlich auch auf den Sektor Social- und Casual-Games zu. Wie Games-Publisher ihre Ideen zu Geld machen, hängt also durchaus nicht nur vom Spieleinhalt ab, sondern auch vom jeweiligen Zielland und der Strategie bei der Vermarktung. Besonders die möglichst unkomplizierte, aber dennoch sichere Abwicklung einer Zahlung und natürlich der Benefit für den Spieler, sind am Ende wichtig. Kein enttäuschter Gamer wird schließlich ein zweites mal investieren.

Gerade im Bereich des Micropayment verfügen jedoch sehr wenige Anbieter über die Markt- und Markenpositionierung, wie es große Online Handelsplattformen wie Apple, Amazon, Google oder e-bay mit PayPal tun. Im Hinblick auf die Datenskandale der letzten Zeit ist es im Gegenteil schon fast verwunderlich, dass überhaupt ein Gamer bereit ist, Geld über ein soziales Netzwerk fließen zu lassen. Und auch die diversen fragwürdigen „Inkasso-Taktiken“ verschiedener Bezahlsystem-Anbieter wie ClickandBuy ermutigen nicht gerade zum Geldausgeben. Denn wenn, wie iff-hamburg berichtete, „die Kosten für den Erwerb etwa einer App zu einem Kaufpreis von 0,79 € innerhalb von 2 Wochen auf über 100 € ansteigen“ vergeht selbst dem aufgeschlossensten Online-Käufer die Lust. Besonders junge Käufer zwischen 15 und 29 Jahren legen laut Auskunft des Bundesverband des deutschen Versandhandels zudem sehr großen Wert auf das positiven und seriöse Ansehen einer Kaufplattform im Netz und messen deren Glaubwürdigkeit vor allem an der Bewertung durch andere.

In dieser Hinsicht hat Tobi seine Lektion schon gelernt. Sein IKEA-Moment kam in Form der ersten Handy-Rechnung, die etwas höher ausgefallen war, als erwartet und unangenehme Folgen nach sich zog. Seit er vor sechs Jahren diesen ersten Schuldenberg von seinem wöchentlichen Taschengeld hat abstottern müssen, ist er vorsichtig geworden. Auch beim Online-Spielen. Heute sucht er sich zum Zeitvertreib gerne Free to Play Titel, die viel bieten, ohne gleich ein Vermögen zu kosten. Denn ausgeben will er dafür eigentlich nichts – es heißt ja immerhin „free-to play.“ Aha!

Vielleicht liegt der verhaltene Kaufdrang im Games-Sektor ja auch an einer ganz einfachen „Missinterpretation“ der Nutzer sobald es um das Fremdwort „free“ geht?

So echauffierte sich unlängst auch der Chefredakteur der deutschen GAMEREACTOR Ausgabe in seinem Editorial über die allerorts aus dem Boden schießende „Mogelpackung Free-to-play“ und warf der Gamesindustrie vor, die Spieler mit diesem Begriff schlichtweg zu täuschen. Wenn solche Vorwürfe sogar aus der Profi-Ecke schallen, sollte man vielleicht auch einmal ins Grübeln geraten. Nicht aus den Augen verlieren sollte man außerdem, dass die Befragten in THE P(L)AYERS allesamt schon als Käufer etabliert sind. Spannend wäre es sicher auch, einmal die Kontrollgruppe der „Nichtkäufer“ und deren „Nichtkäufer-Motivation“ unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht käme man da am Ende zu dem Ergebnis, dass das Ganze Genre mit „Free-to-Pay“ besser gelabelt wäre. Die Abkürzung „f2p“ könnte man kurzerhand einfach beibehalten.

 

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